— von Hamit Duran, Turgi —
Im Orell Füssli Verlag ist ein neues Buch mit dem Titel «Religionsführer Zürich» von Claude-Alain Humbert erschienen. Gemäss Pressemitteilung des Verlages handelt es sich um ein umfangreiches Werk, das in 7jähriger Arbeit entstand und 370 religiös-spirituelle Gemeinschaften der Stadt Zürich, von den grossen Kirchen bis hin zu den kleinen unbekannten Vereinigungen beschreibt. Und tatsächlich, auf rund 600 Seiten befasst sich der Autor mit Entstehungsgeschichte, Lehre, Organisation und Verbreitung von Kirchen, Orden, muslimischen, buddhistischen, hinduistischen und anderen religiösen Gemeinschaften, Freikirchen, spirituellen Vereinigungen, Ufo-Bewegungen und viele anderen.
Im Vorwort betont der Verfasser, dass er einen Überblick über das religiöse Leben in der Stadt Zürich geben möchte, wobei es sich dabei um eine Bestandesaufnahme des Jahres 2003 handelt. Er erklärt auch, dass er den Begriff «Sekte» nicht verwendet, da der Begriff hierzulande weit gehend im negativen Sinne gebraucht wird. Dies ist lobenswert, muss er doch als «Beschreibender» eine möglichst neutrale Position einnehmen.
Natürlich ist der Hauptteil des Buches dem Christentum gewidmet (rund 390 Seiten). Neben den Landeskirchen werden die Freikirchen (Baptisten, Quäker, Chrischona etc.), Endzeit-Gemeinden (Adventisten, Jehovas Zeugen etc.), spirtuell-esoterische Gemeinden sowie andere vorgestellt. Sogar die Freidenker (Atheisten), die ja streng genommen keine Religion vertreten, werden erwähnt.
Interessanterweise findet das Judentum lediglich auf knapp 9 Seiten Platz. Dies erstaunt, ist das Judentum doch neben dem Christentum die wichtigste Religion, die die abendländische Kultur massgeblich geprägt hat und immer noch prägt.
Dem Islam und den aus dem Islam hervorgegangenen Vereinigungen sind rund 40 Seiten gewidmet. Nach einer kurzen. aber nichtsdestotrotz sehr informativen Einführung in Geschichte und Lehre des Islam werden zunächst die Mitgliedsorganisationen der VIOZ (Vereinigung islamischer Organisationen in Zürich) vorgestellt. Einen breiten Raum nehmen in der Folge die Amadiyya-Bewegung und die Aleviten ein. Auch das Sufitum fehlt nicht; neben den «klassischen» Mevlevi- und Naqschibandi-Orden werden auch weniger bekannte Bewegungen wie jene von Oruç Güvenç (Türkei) oder Veys al-Qarani (Persien) behandelt. Den Abschluss zum Thema Islam bilden die aus dem Islam hervorgegangenen Vereinigungen. Dazu zählt der Autor z.B. die aus dem Iran stammende Bahâ’î-Bewegung oder die von einem Javaner gegründete Subud-Bewegung.
Die restlichen rund 150 Seiten des Buches sind dem Buddhismus, Hinduismus, Sikhismus und anderen kleineren Vereinigungen gewidmet. Unter letzteren finden sich so Sonderbare wie die Anonymen Alkoholiker (wollen den Alkoholkranken auf spirituellem Weg helfen), der Schweizer Druidenorden, (verfogt die Ziele von Einigkeit, Frieden und Eintracht), der Hexenladen (Themen rund um Hexerei und Magie) und sogar die Scientology Kirche (!).
Alles in allem kann gesagt werden, dass es sich beim vorgelegten Buch um ein hervorragendes Nachschlagewerk handelt. Es eignet sich ausgezeichnet, die religiös-spirituelle Landschaft Zürichs näher kennen zu lernen. Auch gewinnt man in knapper Form Einblick in Lehre und Geschichte der verschiedenen Gemeinschaften. So erfährt man z.B., dass die Mormonen daran glauben, dass der Mensch durch kontinuierliche Weiterentwicklung so werden kann wie Gott (S. 335), dass die Reinkarnation im Judentum weit gehend unbestritten ist (S. 419), oder dass der Gründer der Bahâ’î-Bewegung, Siyyed’ Ali Muhammed, 1848 das islamische Recht für hinfällig erklärte (S. 446). Dank den vielen spezifischen Literatur- und Veranstaltungshinweisen kann man sich bei Bedarf weiter informieren oder anhand der zu jeder Vereinigung angegebenen Adressen, Telefonnummern und – wo vorhanden – E-mail-Adressen selbst in persönlichen Kontakt treten.
Claude-Alain Humbert, Religionsführer Zürich – 370 Kirchen, religiös-spirituelle Gruppierungen, Zentren und weltanschauliche Bewegungen der Stadt Zürich, Orell Füssli Verlag, Zürich 2004, 606 Seiten, gebunden, Fr. 54.–, ISBN 3-280-05086-3