Wie wir bereits berichteten, wollte der Bundesrat seine Botschaft zur Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» noch vor der Herbstsession, die Mitte September beginnt, vorlegen. Dies hat er nun bereits am 27. August 2008 getan.

Verschiedene Medien haben darüber bereits berichtet. So schreibt die NZZ in ihrer Ausgabe vom 28. August 2008:

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Die Landesregierung hat bei der Behandlung der Volksinitiative «gegen den Bau von Minaretten» ein ungewöhnlich hohes Tempo angeschlagen. Schon während der Sammelfrist hatten sich mehrere Bundesräte gegen das geforderte Minarettverbot ausgesprochen, und bereits am Tag der Einreichung des Volksbegehrens am vergangenen 8. Juli hatte die Landesregierung verlauten lassen, dass sie dem Parlament und den Stimmberechtigten ein Nein empfehlen werde. Am Mittwoch nun wurde der Beschluss, das Begehren ohne Gegenvorschlag abzulehnen, samt Begründung offiziell nachgereicht. Vor den Bundeshausmedien begründete Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf das schnelle Vorgehen unter anderem damit, dass man eine Gefährdung des religiösen Friedens sowie eine Belastung der Beziehungen zu islamischen Staaten verhindern müsse. Der Bundesrat hofft, dass auch die eidgenössischen Räte das Begehren zügig behandeln werden. Die Volksabstimmung könnte in diesem Fall noch nächstes Jahr stattfinden.

Keine Praxisänderung beim Völkerrecht

 
Hinter der Anti-Minarett-Initiative stehen Vertreter der Schweizerischen Volkspartei (SVP) sowie der freikirchlich geprägten Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU). Sie sehen im Minarett ein Symbol eines religiös-politischen Machtanspruchs, der verfassungsmässige Grundrechte in Frage stellt. Mit dem absoluten Verbot, solche Bauten zu errichten, wollen die Initianten gemäss eigener Aussage die hiesige Gesellschafts- und Rechtsordnung schützen und Befürchtungen Rechnung tragen, wonach islamistische Kreise in der Schweiz ein auf der Scharia beruhendes Rechtssystem durchsetzen könnten. Ihrer Ansicht nach wird die Religionsfreiheit durch ein Minarettverbot in keiner Weise verletzt.

Der Bundesrat sieht dies erwartungsgemäss anders. Die Initiative verstosse klar gegen eine Reihe international garantierter Menschenrechte. Indem sie einer gewissen Gruppe verbiete, ihre eigene Religion nach aussen zu bekunden, verletze sie die in der Europäischen Menschenrechtskonvention und im Uno-Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte statuierte Religionsfreiheit und das Diskriminierungsverbot. Sollte die Initiative angenommen werden, könnte die Schweiz ihre Verpflichtungen nicht mehr einhalten und würde unglaubwürdig, warnt der Bundesrat in seiner Botschaft. Da die erwähnten Bestimmungen aber nicht zu den Normen des zwingenden Völkerrechts gehörten (dazu zählen etwa das zwischenstaatliche Gewaltverbot oder das Sklaverei- und das Folterverbot), sei die Volksinitiative gültig und folglich Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten. Damit ist der Bundesrat bei der Beurteilung der Gültigkeit von Volksinitiativen auf seiner bisherigen Linie geblieben. Er hat es redlicherweise unterlassen, den Begriff der «zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts», wie ihn die Bundesverfassung als einzige materielle Schranke der Verfassungsrevision ausdrücklich festschreibt, plötzlich extensiv auszulegen (wie es seitens der juristischen Lehre zum Teil gefordert wird). Solch ein Abrücken von den geltenden Grundsätzen – einzig mit dem Zweck, sich politisch unerwünschter Volksbegehren so einfach und schnell wie möglich zu entledigen – hätte ihn zu Recht dem Vorwurf der Willkür und Anmassung ausgesetzt. Die Frage der Gültigkeit dürfte in den eidgenössischen Räten, die letztlich darüber zu entscheiden haben, aber noch viel zu reden geben.


Kontraproduktiv

 
Neben rechtlichen Einwänden führt der Bundesrat weitere Argumente gegen die Initiative an. Ein allgemeines Bauverbot für Minarette würde im Ausland auf Unverständnis stossen und wäre denkbar ungeeignet, um verfassungsfeindliche gewalttätige Aktivitäten fundamentalistischer Kreise zu verhindern. Die Planung solcher Tätigkeiten sei nicht an bestimmte Bauwerke gebunden. Die Initiative könne sogar kontraproduktiv wirken, warnte Justizministerin Widmer-Schlumpf. Sie gefährde den religiösen Frieden und erhöhe das Risiko, dass die Schweiz ins Visier gewaltbereiter Extremisten gerate.

Der Bundesrat kritisiert weiter, dass ein in der Verfassung verankertes Bauverbot für Minarette unnötig in den Zuständigkeitsbereich der Kantone eingreife. Die örtlichen Behörden könnten am besten entscheiden, ob ein solches Vorhaben bewilligt werden solle oder nicht. Schon heute lasse sich der Bau von Minaretten aus baurechtlichen und raumplanerischen Gründen einschränken, betont die Landesregierung. Und die Erfahrung zeige, dass entsprechende Bauprojekte wegen solcher Hindernisse und zahlreicher Einsprachen nicht selten aufgegeben würden.

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