Wenn man sich die Medienlandschaft anschaut, bekommt man den Eindruck, dass die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer richtiggehend stolz auf diesen «Rekord» zu sein scheint. Auch reibt man sich die Augen, wenn man liest, was den Musliminnen und Muslimen in der Schweiz alles untergeschoben und angedichtet wird: Gewaltbereitschaft, Unterwanderung, geplante Machtübernahme etc. etc. Und dies, obwohl sie dazu klar Stellung bezogen hatten (siehe z.B. das Argumentarium von VAM, GSIW und islam.ch). Aber wie schon so oft in der Vergangenheit wurden diese Stimmen schlicht und einfach ignoriert. Als «Gegenleistung» hat das Stimmvolk die Musliminnen und Muslime mit einem SONDERVERBOT belohnt. Gab es das nicht schon? In anderen Zeiten, gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften?
Wie erwartet, macht sich nun ein Unbehagen unter den Musliminnen und Muslimen breit. Viele glaubten offenbar den verschiedenen Umfragen, die suggerierten, dass die Initiative keine Chance hätte. Dabei genügte ein Blick auf die Leserbriefseiten gewisser Schweizer Zeitungen, um zu sehen, was das Schweizer Stimmvolk wirklich denkt und wie es abstimmen wird.
Das Gefühl, dass die Muslime in der Schweiz geduldet aber nicht erwünscht sind, nimmt wohl mehr und mehr Überhand. Sogar bei solchen Muslimen, die bis anhin eigentlich nicht viel mit ihrer Religion am Hut hatten. Ein Blick z.B. in aktuelle Ausgaben türkischer Tageszeitungen reicht, um dies zu bemerken. Das ist nicht gut, und wenn die Initiativbefürworter nun wie verschiedentlich angekündigt, mit weiteren Verbotsinitiativen nachstossen werden, wird dieses Gefühl wohl einer Gewissheit Platz machen (Zitat Ulrich Schlüer im Club auf SF1 am 1. Dezember 2009: «Das war nur der Anfang…»).
Befremdend ist auch die Reaktion der offiziellen Schweizer Politik, welche sich überrascht über das klare Ergebnis gibt. Wer’s glaubt wird seelig… Und nun sieht sie sich mit einem Rechtfertigungsproblem gegenüber dem Ausland konfrontiert. Dabei hatten doch sowoh National- als auch Ständerat die Initiative ausdrücklich für gültig erklärt, da sie nicht gegen zwingendes Völkerrecht verstosse. Wo ist denn dann das Problem? Was muss man denn da noch erklären? Man hat dies ja bewusst in Kauf genommen, oder etwa nicht?
Hinzu kommt, dass von Befürworterseite kosnquent Ausländerproblematik mit Islam verwechselt wird, wissentlich, dass ca. 40’000 Musliminnen und Muslime über einen Schweizer Pass verfügen. Auf der anderen Seite muss aber auch gesagt werden, dass es die Muslime und Musliminnen in der Vergangeheit versäumt haben, sich zu öffnen und auf die Nichtmuslime zuzugehen, insbesondere auf jene, die dem Islam schon immer kritisch gegenüber standen.
Es bleibt zu hoffen, dass es die Minarett-Gegner Ernst meinen und wirklich an der Lösung der angesprochenen Probleme interessiert sind und zum Beispiel auf die Angebote von FIDS/KIOS und VAM eingehen. Geschieht dies nicht, dann wird man wohl folgende zwei Schlussfolgerungen ziehen müssen:
- Die Initianten nehmen das Schweizer Stimmvolk nicht Ernst, sondern benutzen es nur, um ihre politischen Ziele zu verwirklichen.
- Musliminnen und Muslime (auch Schweizer) werden indirekt aufgefordert, doch bitte die Schweiz zu verlassen.
Hoffen wir, dass es nie soweit kommen wird.