Dies berichtet die «Schweiz am Sonntag» in ihrer Ausgabr vom 2. März 2014.
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Drei Professoren sind der Frage der Anerkennung nachgegangen und kommen zum Schluss: Die Forderung ist legitim.
Die muslimische Bevölkerung in der Schweiz wächst. Mehr als 400 000 Menschen islamischen Glaubens leben heute hier.Sie bilden die grösste nicht christliche Religionsgemeinschaft. Doch als Landeskirche ist der Islam nicht anerkannt.
Das soll sich ändern. Dafür setzt sich Hisham Maizar ein. Er ist Präsident der islamischen Dachorganisationen in der Schweiz. Zusammen mit der Koordination Islamischer Organisationen hat Maizar ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses ging der Frage nach, ob eine Anerkennung des Islams verfassungsrechtlich möglich ist.
DAS FAZIT: Die Forderung ist legitim. «Der Staat darf keine Religion bevorzugen, er ist zur Neutralität verpflichtet», sagt Quirin Weber. Der Dozent für Religionsverfassungsrecht an der Universität Luzern hat zusammen mit den Professoren Adrian Loretan-Saladin und Alexan- der Morawa das Gutachten verfasst.
«Die Schweiz ist ein religiös-weltanschaulich neutraler Staat und hat deshalb religiöse Vielfalt zu ermöglichen», sagt Weber. Zudem schaffe die Nichteinbindung von relevanten Religionsgemeinschaften langfristig grössere Probleme, als die nicht zu verleugnenden kurzfristigen Schwierigkeiten.
Über 50 Prozent der in der Schweiz lebenden Muslime haben Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien, weitere 20 Prozent in der Türkei. Eine Chance für die Anerkennung des Islam als Landesreligion besteht vor allem in den liberalen Kantonen mit hohem Muslim-Anteil, wie beispielsweise Basel-Stadt, Genf oder Bern. «Obwohl auch in Zürich viele Muslime leben, könnte es hier wegen starker rechtsbürgerlicher Präsenz zu besonders harten Auseinanderset- zungen kommen», sagt Rechtsprofessor Quirin Weber.
Als Erstes will Hisham Maizar im Kanton Basel-Stadt dafür kämpfen, dass der Islam zur Landeskirche wird. «Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt zur Integration der Schweizer Muslime. So können wir aktiv am gesellschaftlichen und religiösen Frieden mitarbeiten», sagt er. Zudem hätte die Anerkennung auch einen finanziellen Anreiz für die muslimischen Organisationen. Denn als Landeskirche könnten sie von ihren Mitgliedern Steuern erheben, die der Staat für sie einzieht. «Trotzdem wollen wir mit Bedacht vorgehen und das Anliegen nicht in allen Kantonen vorbringen.»
Doch wäre eine Anerkennung des Islam als Landesreligion mit dem Mina- rett-Verbot vereinbar? «Für uns steht die Anerkennung im Vordergrund», sagt Maizar. Danach müsse aber auch das Verbot neu diskutiert werden.
Das Rechtsgutachten gibt den Muslimen Empfehlungen, wie sie auf Kantonsebene die Anerkennung ihrer Religion beantragen können. Zu den Voraussetzungen gehört, dass die Organisationen ihre Finanzen offenlegen und nach rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien strukturiert sind. Das bedeutet, dass auch Frauen Mitspracherecht gewährt werden muss und ihnen die Ämter grundsätzlich offenstehen müssen. «Zwar haben wir in unseren Verbänden und Vereinen wenig aktive Frauen – aber wir sind offen dafür», sagt Maizar.
Besonders positiv sieht Rechtsprofessor Quirin Weber deshalb: «Eine öffentlich-rechtliche Anerkennung bedeutet einerseits eine Besserstellung in organisatorischer Hinsicht, andererseits auch eine freiwillige Unterwerfung unter strengere Kriterien.»
Zugelassen sind in den meisten Kantonen die katholische sowie die evangelisch-reformierte Kirche. Aber auch jüdische Gemeinden und die christkatholische Kirche sind vielerorts anerkannt. Bereits erfolgreich haben in Basel die Alewiten für eine Anerkennung gekämpft.
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