islam.ch konnte am 7. November 2012 ein persönliches Gespräch mit dem Direktor von Islamic Relief Schweiz, Jamal Krafess, führen. Dabei bestätigte Krafess, dass bereits im April 2010 erstmals Überweisungen von einigen Spendewilligen durch die UBS blockiert wurden. Eine schriftliche Intervention von Islamic Relief blieb damals unbeantwortet. Nach Aussage von Krafess hatte Islamic Relief der UBS dabei ein umfangreiches Dossier zur Verfügung gestellt, darunter auch ein Brief des amerikanischen Bundesministeriums für Finanzen (Department of the Treasury) in Washington D.C. In diesem Brief, der vom 19. August 2006 datiert und der islam.ch vorliegt, bestätigt das Ministerium, dass Islamic Relief nichts mit der «Islamic Relief Agency» zu tun hat, welche von den USA als terroristische Organisation eingestuft wird. Das Ministerium versichert auch, dass es die Zusammenarbeit mit Islamic Relief fortsetzen wird.
Es existiert auch ein zweiter Brief desselben Ministeriums vom 21. Dezember 2010, in dem bestätigt wird, dass Islamic Relief nichts mit der sudanesischen «Islamic African Relief Agency» zu tun hat, die ebenfalls auf der amerikanischen Liste von terrorverdächtigen Organisationen fungiert. Auch hier wird nochmals die Zusammenarbeit bestätigt.
Darüberhinaus legte Krafess Dokumente vor, welche die Kooperation mit Organisationen wie der EU, der DEZA, dem britischen Ministerium für internationale Entwicklung (Department for International Development, DFID) etc. belegen.
Gemäss Krafess hat Islamic Relief nie eine Antwort auf diese Intervention erhalten. Auch wurde Islamic Relief nie über den angeblichen Beschluss der UBS-Geschäftsleitung, keine Geschäftsbeziehungen mit Islamic Relief einzugehen (wir berichteten), informiert. Immerhin schien die UBS dann aber die Blockade plötzlich aufgehoben zu haben, so dass wieder Spendengelder transferiert wurden.
Das änderte sich aber, als Islamic Relief im Juni 2012 ein UBS-Konto in Genf eröffnen wollte. Obwohl dies anfänglich bewilligt wurde, ergaben sich nach rund zwei Monaten Probleme und die UBS-Compliance-Abteilung veranlasste die Schliessung des Kontos ohne Begründung. Gespräche mit der Compliance-Abteilung in Zürich, welche im September 2012 geführt wurden, brachten ebenfalls kein Licht ins Dunkel. In einem Antwortschreiben der UBS vom 15. Oktober 2012 heisst es lapidar: «… we are unable to provide you with additional information… closing the Islamic Relief accounts and stopping the transactions was a UBS business decision.»
Interessant: Der Brief ist signiert mit UBS AG und einer absolut unleserlichen Unterschrift, aber kein Name ist daruntergesetzt. In anderen Worten: anonym.
Auch in Antwortenschreiben an UBS-Kunden, deren Überweisungen die UBS ablehnt, ist keine klare Begründung ersichtlich. Von «regulatorischen und gesetzlichen Regelungen» ist da die Rede. Und auch von Risiken, aber nichts Konkretes: «Unsere UBS Weisungen verbieten uns die in Frage stehende Zahlung auszuführen.»
Krafess hält fest, dass weder Postfinance noch andere Banken bis jetzt irgendwelche Probleme verursacht haben.
Krafess meint, dass die UBS mit diesem Verhalten mehr und mehr das Image einer Anti-Islam-Bank anzunehmen scheint. Er rät allen muslimischen UBS-Kunden, eine konkrete Erklärung für die Blockade von Islamic Relief zu verlangen. Adressat: UBS-CEO Sergio P. Ermotti.
Eines ist jedenfalls klar: Transparenz scheint nicht zu den «UBS-Weisungen» zu gehören.