Am 24. Mai 2013 veranstaltete eine anonyme Organisation unter dem Namen «Tanz dich frei!» eine Tanz-Demo durch die Berner Innenstadt. Sie endete mit Verletzten und grossen Sachschäden, die von der Berner Polizei auf mehrere hunderttausend Franken geschätzt wurden. Die NZZ vom 27. Mai 2013 schrieb in diesem Zusammenhang von «einer Nacht der Wut und Zerstörung».
Das Chaos war durch eine kleine Gruppe gewaltbereiter Vermummter ausgelöst worden, welche Absperrungen durchbrach und Einsatzkräfte massiv attackierte, während die grosse Mehrheit der Jugendlichen sich mehr oder weniger friedlich verhalten hatte. Trotzdem war die Empörung gross und die friedlichen Teilnehmer der Tanz-Demo sahen sich massiver Kritik ausgesetzt.
Das kennen wir Muslime in der Schweiz nur zu gut. Die grosse Mehrheit der friedlichen Muslime wird immer wieder kritisiert, wenn irgendwo auf der Welt ein Anschlag oder eine andere Untat durch einen Muslim verübt wird. Es sind immer alle Muslime «schuld» daran. Ein Blick auf die Kommentare von entsprechenden Online-Meldungen genügt als Bestätigung.
Zuletzt war dies bei der schändlichen und verabscheuungswürdigen Tat von zwei britischen Muslimen in London der Fall, die einen britischen Soldaten auf offener Strasse auf bestialische Art und Weise ermordet hatten. Sofort wurden wieder alle Muslime unter Generalverdacht gestellt; der Schreibende selbst musste sich Fragen anhören wie «Was ist denn bei euch wieder los?» etc. Zudem zeigt die Erfahrung, dass einerseits nach Stellungnahmen und Verurteilungen von Seiten der Muslime geschrien wird, diese dann aber, kaum sind sie erschienen, als nicht ehrlich oder scheinheilig abgetan werden. Man kann es also niemandem Recht machen, weshalb immer mehr muslimische Organisationen des Öfteren darauf verzichten.
Es gibt aber noch eine weitere Parallele. Statt sich in Deeskalation zu üben, kommt es immer wieder vor, dass die Kritisierten noch Öl ins Feuer giessen. Gemäss NZZ machten die anonymen Veranstalter der Berner Tanz-Demo die Behörden für die Folgen der Demonstration verantwortlich: Der Ausgang der Demo passe zu der «Hetzkampagne» des Berner Polizeidirektors, Reto Nause, der vor einer Massenpanik gewarnt habe: «Nun hat die Polizei eine solche ausgelöst.» In einem Facebook-Eintrag nach der Veranstaltung schrieben sie zudem: «Bern lebt wieder!»
Im Falle der Ermordung des britischen Soldaten in London veröffentlichte der IZRS am 23. Mai 2013 ein «Sicherheits-Bulletin», das insbesondere muslimische Frauen, die als solche erkennbar sind, traditionell gekleidete Männer und Imame zur Wachsamkeit ermahnt und ihnen empfiehlt, einen Pfefferspray auf sich zu tragen, um sich gegen allfällige Übergriffe wehren zu können.
Wir wagen zu bezweifeln, dass solche Empfehlungen zu einer Beruhigung und Versachlichung der Diskussion beizutragen vermögen.
Was uns aber sehr sehr traurig und nachdenklich stimmt ist, dass es in der reichen und ansonsten friedlichen Schweiz aus völlig nichtigem Grund zu solchen gewalttätigen Ausschreitungen wie in Bern kommen kann. Wie sollen wir dies gegenüber jenen Jugendlichen rechtfertigen, welche unfreiwiiliig Gewalt erleben, weil sie z.B. in einem Kriegsgebiet leben? Wir haben keine Antwort darauf…