In der NZZ vom 14. Oktober 2009 erschien ein interessanter Artikel von Georg Kreis, Präsident der Eigenössischen Kommission gegen Rasssismus (EKR), der aufzeigt, wie in der Schweizer Geschichte eine Mehrheit der Bürger – später auch der Bürgerinnen – mit ähnlichen Fragen umgegangen ist, wie sie die Anti-Minarett-Initiative aufwirft.
*** Zitatbeginn ***
1937 musste das Schweizervolk über die Anti-Freimaurer-Initiative abstimmen und erteilte dem «Verbot der Freimaurerei» mit einer Mehrheit von 68,7 Prozent eine klare Abfuhr. Warum? Weil es die Freimaurer liebte oder weil es überzeugt war, dass die gegen sie gerichteten Unterstellungen falsch waren?
Es gab noch keine Befragungen nach der Abstimmung wie die heutigen Vox-Analysen. Die verschiedenen Kommentare zeigen aber, dass es weniger um das anvisierte Opfer als um die in der Schweiz wichtigen Grundprinzipien ging – in diesem Fall um die Vereinsfreiheit, die nicht über einen Generalverdacht gegen eine Gruppe in Frage gestellt werden sollte.
Guteidgenössische Regeln
Ein analoges Votum hatten wir kürzlich, am 1. Juni 2008, als eine Anti-Einbürgerungs-Initiative ein die Gemeindeautonomie einschränkendes Verbot von bewährten Verfahren durchsetzen wollte – Verfahren, die dem Prinzip schweizerischer Rechtsstaatlichkeit entsprechen. Auch da entschied sich eine Mehrheit von stolzen 63,8 Prozent nicht primär für die Einbürgerungskandidaten, sondern für guteidgenössische Regeln.
Kirchlicher «Machtanspruch»
1973 hatte das – nun um die Frauen erweiterte – Schweizervolk darüber zu entscheiden, ob die gegen die Aktivität des Jesuitenordens gerichteten Ausnahmeartikel von 1848 und 1874 aufgehoben werden sollten. Obwohl die Katholiken und die Protestanten in friedlicher Koexistenz lebten, sprachen sich damals noch immer 45,1 Prozent gegen die Aufhebung der einschränkenden Bestimmungen aus. Warum? Die Propaganda setzte auf auffallend ähnliche Parolen, wie wir sie heute bei Befürwortern eines neuen Ausnahmeartikels wieder hören.
Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass jene Ausnahmeartikel die Religionsfreiheit einer angestammten, sogar vor den Protestanten «da» gewesenen Religionsgemeinschaft einschränkten. Umso mehr betonte man, es gehe gar nicht um die Konfession, sondern nur um die Bekämpfung eines «Stosstrupps», um nötige Schranken gegen «Rückeroberungsabsichten», um den «politischen Katholizismus, der unser Volk in seine Macht zu bekommen» suche. Wie nun dem Islam wurde dem Katholizismus noch in den 1970er Jahren pauschal vorgeworfen, er erhebe einen «Absolutheitsanspruch». Zudem kamen, wie später bei den Muslimen wieder, die angeblich grösseren Geburtenraten der Katholiken ins Spiel.
Georg Kreis ist Leiter des Europa-Instituts der Universität Basel.
*** Zitatende ***
Auch im nichtmuslimischen Ausland wirft die Minarettinitative mittlerweile hohe Wellen. So war am 14. Oktober 2009 auf Spiegel online unter dem Titel zu «Rechte Christen starten Kreuzzug gegen Minarette», dass hinter der sehr erfolgreichen Kampagne ein Deutscher steckt, der Hamburger Alexander Segert. Er soll gesagt haben, dass er auch ein Kampagne mit dem Slogan «Deutsche raus!» konzpieren würde. Interessant zu erfahren, mit welchen Leuten die SVP zusammenarbeitet…
Lesen Sie hier den vollstänidigen Artikel aus Spiegel online.